Nachruf auf Prof. em. Dr. Franz Nuscheler (1938–2025)

Die Stiftung Entwicklung und Frieden trauert um Herrn Prof. em. Dr. Franz Nuscheler, der am
31. Juli 2025 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.
Über viele Jahre hinweg engagierte Franz Nuscheler sich in unserer Stiftung: Von 1987 bis 1998 gehörte er dem Beirat an, der unsere Arbeit in konzeptionellen und wissenschaftlichen Fragestellungen unterstützt. Im unmittelbaren Anschluss wurde Herr Prof. Nuscheler im Jahr 1998 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands gewählt – eine Funktion, die er bis zum Jahr 2006 mit großem persönlichem Engagement ausübte. In dieser Zeit war er nicht nur ein verlässlicher Ratgeber und Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Politik, sondern prägte zugleich unser institutionelles Selbstverständnis mit: Entwicklung und Frieden sind untrennbar miteinander verbunden.
Als Gründungsdirektor des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF), das die Stiftung gemeinsam mit der Universität Duisburg im Jahr 1990 ins Leben rief, setzte er Maßstäbe, sowohl in der akademischen Forschung als auch in der politischen Debatte. Sein normatives Engagement für globale Gerechtigkeit, seine klare Sprache und sein wacher Blick für die gesellschaftlichen Herausforderungen machten ihn zu einer prägenden Persönlichkeit des entwicklungspolitischen Diskurses in Deutschland.
Franz Nuscheler war überzeugt: Entwicklungspolitik ist vorsorgende Friedenspolitik. Diese Einsicht, die auch Bundeskanzler a. D. Willy Brandt so nachdrücklich formulierte, bestimmte sein Wirken. In seinen zahlreichen Publikationen - von der ersten Auflage des „Handbuchs der Dritten Welt“ bis zum „Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik“ - verband er wissenschaftliche Tiefe mit politischer Klarheit. Nicht zuletzt setzte er sich für einen offenen Dialog der Kulturen und für das gemeinsame Gestalten der Globalisierung ein.
Wir verlieren mit Franz Nuscheler einen großen Denker, einen engagierten Gestalter und langjährigen Unterstützer. Sein Wirken wird fortleben - in den Erinnerungen seiner Wegbegleiter, dem beruflichen Wirken der Studierenden, die er mit seinen Werken geprägt hat und in dem Auftrag, der uns alle verbindet: für eine gerechtere, friedlichere Welt Verantwortung zu übernehmen.
Die sef: ist Franz Nuscheler zu großem Dank verpflichtet und wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die um Franz Nuscheler trauern.
Für den Vorstand
Oliver Krauß, MdL
Vorsitzender
Persönliche Erinnerungen
„Streitbar für die Sache und dabei stets humorvoll im Umgang – so habe ich Franz Nuscheler in der Zusammenarbeit für die Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ erleben dürfen. In dieser Kommission gab es viel ideologischen Dissens, aber wir waren beide stolz, dass wir für „unser“ Kapitel „Global Governance“ einen Konsens erarbeiten konnten – und die damals geteilte Leidenschaft für das Thema ist ungebrochen.“
Dr. Marianne Beisheim, Stiftung Wissenschaft und Politik, ehem. Vorsitzende des Beirates der sef:
„Franz Nuscheler hat es über Jahrzehnte vermocht, den Entwicklungspolitiker*innen im Deutschen Bundestag ein Wertefundament für ihre Arbeit zu vermitteln. Theorie und Praxis zu verbinden und nie nachzulassen, die große Bedeutung von Entwicklung und Frieden für unser aller Wohlergehen zu erklären. Seine Stimme fehlt gerade jetzt, wo die Entwicklungspolitik so sehr gebraucht wird. Ich habe ihm viel zu verdanken.“
Karin Kortmann, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, ehem. Vorsitzende des Vorstandes der sef:
„Franz Nuscheler war ein kritischer und streitbarer Wissenschaftler, der stets den Bezug zur Durchführungspraxis herstellen konnte. Nicht immer war das willkommen; doch wenig später musste man erkennen, dass er richtig lag. Sein manchmal unbequemer, aber immer kompetenter und konstruktiver Rat wird fehlen.“
Dr. Hans-Joachim Preuß, ehem. Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
"Franz Nuschelers unerschütterlicher Einsatz für Entwicklung, Frieden und Menschenrechte war prägend, auch im Kontext der UN-Politik. Dabei vermochte er manches gegen den Strich zu bürsten. So warnte er mit spürbarer Ungeduld im Praxishandbuch UNO, 2003: „Wir brauchen keine weiteren Resolutionen und Berichte von Expertengruppen, weil wir längst wissen, welche Anforderungen die Menschenrechte (… ) an die internationale Entwicklungspolitik stellen.“ Dieses Diktum vermittelt beispielhaft seine zum Teil unbequemen, aber stets tiefgründigen Erkenntnisse, die wir zweifelsohne vermissen werden."
Prof. Dr. Sabine von Schorlemer, Staatsministerin a.D., ehem. Vorsitzende des Vorstandes der sef:
"Franz Nuscheler war für mich eine Quelle der Orientierung für die globale Strukturpolitik und den Schutz öffentlicher Güter, die ich mit Beginn meiner Amtszeit im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umsetzen konnte. Seine Stimme fehlt gerade heute, wo Empathie und globale Zusammenarbeit so gefährdet sind. Aber trotz alledem - Wir engagieren uns weiter für eine gerechtere Welt. Das versprechen wir Franz Nuscheler."
Heidemarie Wieczorek-Zeul, MdB a.D., Bundesministerin a.D.
"Franz Nuscheler war ein leidenschaftlicher Entwicklungs- und Friedensforscher, der andere begeistern und mit seiner Energie anstecken konnte. Franz liebte die Debatte, den Disput - und er wollten mit all seinen Schriften und Wortbeiträgen dazu beitragen, dass die Welt ein besserer Ort werden könnte. Mit alledem hat er viel erreicht. Gerade heute sind seine Anstöße für internationalen Zusammenhalt so wichtig. Ich verdanke ihm viel, und denke gern an Franz zurück - auch an seinen Humor, seine Lebensfreude und sein verschmitztes Lächeln. Ruhe in Frieden, lieber Franz."
Prof. Dr. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes
"Franz Nuscheler war ein exzellenter Wissenschaftler, der höchstes Ansehen in Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik besaß. Er war ein inspirierender, Einfluss nehmender Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis, energisch und kämpferisch im Diskurs, weitsichtig und weise in der Erkenntnis, dass menschenwürdige Entwicklung neben stimmigen lokalen, regionalen und nationalen Bedingungen auch einen gut funktionierenden Rahmen von Global Governance braucht. Einer wie Franz Nuscheler wird fehlen. Gut, dass wir noch seine klugen Texte haben.“
Prof. Dr. Hartmut Ihne, ehem. Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Mitglied des Kuratoriums der sef:
„Franz Nuscheler war sehr wirkmächtig in sef: und INEF – und für mich ein wichtiger, freundschaftlicher Gesprächspartner und Inspirator im politischen und wissenschaftlichen Raum. Die beste Einführung in die Entwicklungspolitik (7 Auflagen!) war sein „Lern und Arbeitsbuch“, getragen vom weiterhin zu beachtenden Leitbild einer menschenwürdigen, nachhaltigen und friedlichen Entwicklung. Lieber „NRW-Ordensbruder“, ich vermisse Dich sehr. RIP. Dein Uwe Holtz“
Prof. Dr. Uwe Holtz, MdB a.D.
„Franz Nuscheler wird vielen von uns fehlen. Entwicklung und Frieden, aber auch Fragen der Menschenrechte und der Migration waren die Themen, die Franz Nuscheler in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt und die er vorangetrieben hat. Das Institut für Entwicklung und Frieden hat er viele Jahre geleitet. Ich habe unendlich viel von ihm gelernt, habe ihn geschätzt und gemocht. Meine Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit hat er mit geprägt.“
Barbara „Bärbel“ Dieckmann, ehem. Oberbürgermeisterin von Bonn, ehem. Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe, ehem. Mitglied des Kuratoriums der sef:
„Seit ich mich als Jugendlicher für die Eine Welt engagiert habe, war Franz Nuscheler da. Er hat maßgeblich beigetragen, die Entwicklungspolitik und globale Verantwortung auch in der Forschung zu etablieren. Mit ihm verlieren wir einen herausragenden Wissenschaftler und Vordenker in Fragen globaler Gerechtigkeit.“
Armin Laschet, MdB, Ministerpräsident a.D., ehem. Vorsitzender des Kuratoriums der sef:
